Informel sind ästhetische Erlebnissse geformt aus Bild und Raum, einem Feuer aus Farben, und dynamisch, abstrakt und expressiv. Bilder des Informel sind Explosiventladung mit markantem Strich, den Ingrid Buchta perfekt beherrscht.
Ingrid Buchta auszustellen, ist für mich ein mutiger Schritt, ist doch das Informel zur Zeit im etablierten Kunstmarkt nicht besonders gefragt, aber Marktgängigkeit ist nicht das, was mich reizt, und gerade deshalb entscheide ich mich, mit Ingrid Buchta diese Ausstellung zu erarbeiten.
➽ Das Informel | Katalog | © Heike Krüger
Das Informel
Ingrid Buchta arbeitet nach den sehr freien Regeln einer Kunstrichtung, die sich Informel nennt, und 1945-1946 in Paris im Rahmen der École de Paris als Gegenpol zur geometrischen Abstraktion entstand. In einer Initiative des Münchner Galeristen Otto van de Loo arbeitete Hans Platschek mit dem dänischen Maler Asger Jorn zusammen und trug so maßgeblich zur Verbreitung des Informel in Deutschland bei. Van de Loo hat auch die Künstlergruppen SPUR und später WIR im Sinne der Informel-Theorie wesentlich gefördert. Es folgte ein Zusammenschluss beider Gruppen unter dem Namen GEFLECHT. Mit Emil Schumacher, Ludwig Merwart, Hans Hartung, Wilhelm Wessel und Wols wurden in den 1950er und 1960er Jahren auch deutschsprachige Informel-Künstler bekannt.
Ingrid Buchta malt spontan
Ihre Lithografien und Ölbilder, so räumt Ingrid Buchta ein, sind pures Informel. Dass heißt, das Gefühl, die Emotion und die Spontanität sind wichtiger als Perfektion, Vernunft und Reglementierung.
Eine Darstellung von Objekten oder Menschen, auch abstrakt, lehnt Ingrid Buchta generell ab. Der wichtigste Einfluss bei der Entwicklung der informellen Kunst ist der Surrealismus. Insbesondere der Automatismus und Kandinskys frühe Improvisationen prägen den Stil maßgeblic
Action painting
Es sind Emotionen, die in Buchtas Bildern Gestalt annehmen. „Wenn ich arbeite, brechen meine Gefühle wie Lava bei einem Vulkanausbruch aus mir hervor. Erst in diesem pulsierenden Zustand gelingt es mir, meine Visionen mit Hilfe von Pinsel und Spachtel zu visualisieren.“ Bei dieser Beschreibung fällt sofort der Begriff Action Painting, eine Kunstrichtung, die sich in Amerika parallel zur informellen Kunst entwickelt hat.
Die Freiheit des K.O. Götz
Wie Karl Otto Götz, einer der Hauptvertreter des Informel, lebt und arbeitet Ingrid Buchta im Westerwald. Ihre Motive lehnen sich nicht an erkennbare Figuren oder Landschaften an. Sie sind viel mehr die Verinnerlichung zahlloser Eindrücke; sie verbinden sich zu einer Aussage, die durch rein intellektuelle Betrachtung nicht zu entschlüsseln ist. In spontanen, zeichenhaften Linienkompositionen lässt sie sich von der Inspiration des Zufälligen leiten, kalligrafische Linienbündel werden von schwebenden Farbflächen überlagert, die in einem Spannungsverhältnis stehen.
Informel ist grenzenlos
Die schier grenzenlose Freiheit, die die Künstlerin bei der Arbeit vom Herkömmlichen löst, gewährt sie auch dem Betrachter ihrer Bilder. Beschränkungen vermeidet sie ganz bewusst. Sie verleiht deshalb ihren Werken kaum Titel, gibt ihnen schon gar keine Namen, die in Verbindlichkeiten zwingen könnten. Alles bleibt offen. Der Betrachter kannsich fallen lassen, darf intuitiv Stimmungen erspüren. Er findet aus der Tiefe heraus in die Weite, um zum Mittelpunkt verführt zu werden.
Die Vollendung
So zu malen, war bei Ingrid Buchta weniger das Ergebnis einer langen kontinuierlichen Entwicklung als eine urplötzliche Befreiung von innen heraus. Ihre Kontakte zur neuen Architektur und ihre Auffassung einer freien und großzügigen Raumgestaltung spiegeln sich im Informellen ihrer Malerei. Ihre Bilder erleben ihre Vollendung in dem sie umgebenden modernen Raum. Ingrid Buchta fügt Formen, Farben und Raum zu einer Einheit mit wechselseitiger Wirkung. Gesetzte Akzente, korrospondierende Gegensätze – geschaffen, um sich in Harmonie zu vereinigen.
Wer Ingrid Buchta kennen lernt, spürt die Stärke und die Konzentration, die sich in ihren Werken wiederfindet. Kraftvolle Wildheit, fokussiert auf einen Brennpunkt, um sofort wieder im temperamentvollen Schwung auseinander zu stieben – das ist ihr unverkennbarer Strich – Punkt.
Heike Krüger