Hero image: Eva Krembel | Frau in Kleid mit Tasche – ohne Frau
Mit dieser Ausstellung dokumentiere ich das Werk der Essener Künstlerin Eva Krembel. Die studierte Foto-Künstlerin war Meisterschülerin von Professor Thomas Zika an der Essener Freien Akademie der Bildenden Künste. In dieser Präsentation porträtierte ich meine Freundin und langjährig Vertraute.
Uns allen fällt es sehr schwer, nach ihrem viel zu frühen und plötzlichen Tod, Eva in ihren Arbeiten wieder zu begegnen. Der Titel der Ausstellung ,L’Espoir – c’est ma prison’, ,Die Hoffnung ist mein Gefängnis’ offenbart das Innerste der Künstlerin. Häufig machte sich Eva Krembel selbst zur Protagonistin ihrer Inszenierungen.






Rahmenprogramm 17. Museumsnacht Koblenz
19.00 Uhr: Eröffnung der Ausstellung
20.00-22.00 Uhr: Vortrag ,L’Espoir – c’est ma prison‘ | stündlich
21.00-23.00 Uhr: René Tholey | Gesang, Gitarre
Non-stop: Cocktail-Bar und Snacks

Frau in Kleid mit Tasche oder die Hoffnung ist mein Gefängnis
Woman in a dress with a handbag
Une femme, une robe et un sac
In ihrer außergewöhnlichen Arbeit ,Frau in Kleid mit Tasche‘ nimmt sie uns mit an ihre Sehnsuchtsorte. Sie, die Frau, steht an der Theke einer Bar. Sie, die Frau, schaut verdrossen drein. Die Bar, üblicherweise ein Ort des Vergnügens und der Geselligkeit, wirkt unbelebt, eher wie eine Warteanstalt. Warten, das war lange Zeit der „Hauptberuf der Frau“, wie es die Romanfigur Grete Siebenschein in Heimito von Doderers Strudlhofstiege formulierte. Die Frau war in den meisten Lebensentscheidungen und partnerschaftlichen Angelegenheiten zur Passivität bestimmt. Kulturelle Konventionen sagten, wo es lang geht und hielten Frauen in einem Loop unnennbarer Sehnsucht: >>Am Meer stand ich abends oft, und ich hab gehofft, auf was?<<

Auch in anderen Bildern scheint die Frau zu warten: an ganz unterschiedlichen Orten der Natur und Kultur – doch nebensächlich erscheinen Lehmbruckskulptur und Leinwandgeschehen, nebensächlich die aus alten Steinen gefügte Brücke in rauher Landschaft, nebensächlich gar, dass gleich ein Flugzeug mit Abhebeabsicht auf die Frau zurollen könnte (auf einer Startbahn steht sie auch). Denn hauptsächlich harrt und hofft oder fürchtet die Frau, untätig gefangen zwischen zwei oder mehr Möglichkeiten – und davon sind die Bilder ganz erfüllt.

Lediglich in einer Sequenz zeigt die Frau Spuren einer Handlung: auf den einzelnen Aufnahmen sehen wir, wie sie sich dem Ufer eines Sees nähert, ihre Tasche ablegt (aber nicht ihr Kleid) und einige Schritte in den See hinein steigt – um im nächsten Bild schon wieder umzukehren. Mehrmals dreht sie sich noch zu der Stelle um, an der sich ihr Schicksal hätte entscheiden können oder sollen.

Die Urheberin der genannten Motive heißt Eva Krembel. In der neueren Geschichte der Fotografie finden sich einige Beispiele dafür, dass Fotografinnen nicht nur eine Kamera halten und den Auslöser betätigen, sondern selbst zum Modell, zum Gegenstand ihrer bildnerischen Konzepte werden. Oft sind es Konzepte, die weibliche Rollenschemata ausloten, indem sie die an Frauen gestellten Erwartungen hinsichtlich Verhalten oder Aussehen visualisieren.

Cindy Sherman etwa schlüpfte für ihre Untitled Film Stills aus den 1980er Jahren in die Charaktere fiktiver Lichtspiele: mit Perücken, Sonnenbrillen und vestimentären Versatzstücke schien sie dort jeweils bis zur Unkenntlichkeit verkleidet – oder sollte man sagen: bis zur Kenntlichkeit ent-stellt?
In den Bildern von Eva Krembel hingegen trägt die Protagonistin immer das gleiche zeitlose Kleid, eine zuverlässige Konstante in wechselnden Umgebungen, und die beharrlich umklammerte Tasche wird zum symbolischen Behältnis für den Ballast eines gelebten Lebens, für Erinnerungen und Befürchtungen, für Freuden und Kümmernisse.

Wer aber ist die Frau, die wir auf den Bildern sehen? Ist es die Fotografin? Ja und nein. Eva Krembel ist diejenige, die das Bild inszeniert hat. Und sie, bzw. ihre leibliche Erscheinung, ist auch diejenige, die inszeniert wurde. Aber handelt es sich damit notwendigerweise um eine Selbstinszenierung? Nur, weil sie, Eva Krembel, selbst (und zwar „sich“) inszeniert hat? Was besagen die Bilder über das „Selbst“ der Fotografin? Eigentlich nichts. Was besagen die Bilder über das Selbst von Frauen, die lieben, die warten, die trauern, die ratlos sind, die sich nicht entscheiden können, die sich nicht entscheiden dürfen? Sehr viel, vielleicht sogar alles. Anna Zika
Die Bilder sagen uns sehr viel, vielleicht sogar alles.




