Hero image: HUMANITY OVERRATED? | Clark, ZugKinderRückweg, Porzellanfarben auf Glas, Rückseite Hintergrund montierter Stoff
Ausstellung 03. Mai bis 05. Juli 2013
➽ Flyer HUMANITY OVERRATED | CLARK @ Heike Krüger
In seiner Ausstellung setzt sich der Künstler CLARK intensiv mit dem Jahresthema der Galerie Krüger, HUMANITAS – Kunst schläft nie, auseinander. In seinen Bildern thematisiert der politisch-expressive Künstler Menschenrechte und Inklusion.
Clark. Eigensinnig. Radikal.
Außergewöhnlich sind seine Kompositionen, unkonventionell seine Techniken, absolut einzigartig und unverwechselbar sein Stil. In seinen Bildern verschlüsselt er Botschaften und nimmt Bezug auf Ereignisse, die den Betrachter nachhaltig beschäftigen. Der Künstler ist kein Vertreter einer marktgängigen Kunstszene. Seine Bilder sind sozialer Zündstoff und frei von kulturellen, politischen oder religiösen Barrieren. CLARK‘s außergewöhnliche Bilder vergisst man nie.
Außergewöhnliche Kunst
Auf Clark wurde ich aufmerksam, weil er mir anonym über Monate hinweg Fotos von seinen Arbeiten per E-Mail schickte. Seine Bilder sind aufwühlend und fesselnd, deshalb beschliess ich, mich mit dem Künstler zu treffen. Obwohl die Werke nicht den gängigen Kunstmarkt entsprechen, fällt mir die Entscheidung, diese provokanten Werke in einer Ausstellung zu zeigen. Passend zum Jahresthema der Galerie betiteln wir die Schau HUMANITY OVERRATED?
Die farbintensiven Bilder und Collagen setzen eine eigentümliche Energie frei. Clark bedient sich einer großen Vielfalt an Techniken, mischt Figürliches mit streng geometrischen Formen, verwendet typografische Elemente für seine Textbotschaften, ordnet Einzelteile in einem perspektivischen Chaos. Auch nutzt er unterschiedlicher Stilrichtungen, wie Popart, Streetart bis hin zum puren, überzeichnetet Kitsch.
Den eigenen Stil gibt es bei Clark nicht, nur seinen eigenen. Der mag unspezifisch sein, aber von hohem Wiedererkennungswert. Und sein Duktus hat in den meisten Bildern eine unmittelbare Wirkung auf den Betrachter. Denn die Motive sind in der reinen Ansicht radikal, etwa wenn die in zarten Pastelltönen gemalte Muttergottes samt Kind von schwarzen SS-Runen überdeckt wird. Oder wenn eine vierfach dargestellte uniformierte Figur über und über von Einschusslöchern perforiert zu sein scheint. Joseph Goebbels, der Künstler nennt ihn Jüppche, soll sie darstellen.
Vielschichtige Aussagen
Es braucht Zeit und erläuternde Zeilen, um die Bildaussagen des Künstlers dechiffrieren zu können. Denn Clark arbeitet nicht um des Motivs Willen, vielschichtig transportiert er politische Aussagen, nimmt Stellung zur Gesellschaft, zur Kirche und dem Staat. So hat er eigens für die Ausstellung Werke zu meinem Jahresthema erarbeitet: HUMANITAS – Kunst schläft nie.
Unter diesem Titel sollen Menschenrechte und die Inklusive, also die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der „normalen“ Welt, thematisiert werden.
Inklusion
So hat Clark beispielsweise ein kontrast- und strukturreiches Gemälde geschaffen, das Blinde ertasten können. Zudem ist mit Hilfe des Blinden- und Sehbehindertenvereins für Koblenz und Umgebung eine Erläuterung in Blindenschrift entstanden, die am unteren Rand der Leinwand angebracht ist.
Anke Mersmann, Redakteurin Rhein-Zeitung über CLARK
Beherrschendes Thema für Clark sind die Gräueltaten des NS-Regimes als absolute Negierung der Menschenrechte und des Miteinander. Die Naziverbrechen haben ihn auch zum außergewöhnlichsten Werk der Ausstellung inspiriert: Beeinflusst von den autobiografischen Schilderungen der KZ-Insassin Olli Wald, die wegen ihrer Hilfsbereitschaft als „Engel von Auschwitz“ bezeichnet wurde, hat Clark die Grundrisse des KZ Auschwitz-Birkenau in einem großen Bodenbild mit Absperrbändern aufgeklebt. Er spricht von Auschwitz als dem „Mordzentrum der Deutschen im Dritten Reich“, von der „grausamsten aller Parallelwelten“.
Die Waffe der Kunst
Letzteres ist eine Anspielung auf astrophysikalische Phänomene, die Clark ebenfalls im Bild aufgreift. Dabei knüpft er über etliche assoziative Ebenen. Er tut dies auch in anderen Bildern, etwa in der Collage, in der er den NSU-Prozess und die schlampige Arbeit der Verfassungsschützer anprangert. Bildprägend ist ein über der Leinwand hängender, abnehmbarer Baseballschläger – was Clark als Kampfansage gegen rechts gedeutet wissen möchte.
Tod Gottes
In eine Zeit, in der die Rechte der Menschen, so wie CLARKS mit Menschenrechtsbegriffen bemalte Bälle, mit Füßen getreten werden, führt uns das Hauptwerk dieser Ausstellung, das begehbare Bodenbild Tod Gottes.
Auschwitz-Birkenau
Das Mordzentrum der Deutschen im Dritten Reich, Auschwitz-Bikenau. Hier wurde geplant getötet. In CLARK‘s 420 x 460 cm großem Werk mit dem Titel „Tod Gottes“ führt der Künstler den Betrachter über eine Brücke vor den Eingang des Konzentrationslagers. Durch das sogenannte „Wurmloch“ oder „Stargate“, wie es nach CLARK‘s Verständnis bezeichnet wird, gelangt der Besucher unmittelbar in eine Parallelwelt. Die Physik spricht bei diesem Phänomen in der Theorie von der „Einstein-Rosen-Brücke“. In dem Werk des Künstlers ist dieses jedoch der reale Zugang zu einem existenten zweiten Universum, durch den wir eine gottlose Welt ohne Menschenrechte betreten – Gleise führen uns direkt in das Konzentrationslager, zu den Baracken, dem Krematorium.
NSU
CLARK setzt sich radikal mit den NSU Morden auseinander, die von 2000 bis 2006 in verschiedenen Städten innerhalb Deutschlands verübt wurden. Die Opfer waren insgesamt neun Kleinunternehmer mit Migrationshintergrund, die von Mitgliedern der Neonazi-Szene ermordet wurden. Angeklagt wurden Beate Zschäpe (NSU) und vier weitere Mitglieder der rechtradikalen Szene. In diesem Bild bezieht der Künstler konsequent Stellung zu den aktuellen Ereignissen. Das dargestellte Auto ist ein NSU Prinz. Der Baseballschläger gehört nicht zur rechten Szene, sondern zu denen, die sich gegen ein erneutes Erstarken nationalsozialistischer Ideologien einsetzen.
Orli Wald – Engel von Auschwitz
Das Porträt der Orli Wald ist eine Hommage an diese furchtlose Frau, die durch ihr Wirken als Funktionshäftling vielen Menschen ein Überleben der Hölle ermöglichte, selber aber daran zugrunde ging. Obwohl für Orli Wald die Erinnerungen nicht zu ertragen sind, hat sie ihr großes Leiden in Texten niedergeschrieben, eine Stimme gibt diesen grausamen Berichten die Sprachgestalterin Marlies Katharina Pinnow in den von uns für Sie vorbereiteten Lesungen.
Nicht nur zur Eröffnung liest die Sprachgestalterin einige Passagen aus dem Text Orli Walds, sondern darüber hinaus bietet die Galerie Krüger weitere drei Lesungen des kompletten Texte in den Wochen der Ausstellung an.
Orli Aurelia Wald, geb. Torgau, gesch. Reichert wurde am 01.Juli 1914 in Bourell bei Maubeuge geboren und starb am 01. Januar 1962 in Ilten bei Hannover, war Widerstandskämpferin und als NS-Verfolgte von 1936 bis 1945 Zuchthaus- und Konzentrationslager-Gefangene. Sie war Lagerälteste im Vernichtungslager Auschwitz-Birhenau und wurde aufgrund ihrer Hilfsbereitschaft als „Engel von Auschwitz“ bezeichnet.
Lesungen Orli Wald
Marlies Katharina Pinnow liest aus dem Werk ,Der dunkle Schatten. Leben mit Auschwitz.‘
Galerie Krüger, 06. Juni 2013 um 19.00 Uhr.
Die von der Sprachgestalterin gelesene Prosa aus diesem Buch beschreibt in offener und schonungsloser Weise die Greultaten des NS-Regimes. Die Autorin Orli (Aurelia) Wald, geb. Torgau, gesch. Reichert (*1. Juli 1914 in Bourell bei Maubeuge; † 1. Januar 1962 in Ilten bei Hannover), war Widerstandskämpferin und als NS-Verfolgte von 1936 bis 1945 Zuchthaus- und Konzentrationslager-Gefangene. Sie war Lagerälteste im Häftlingskrankenbau des KZ Auschwitz-Birkenau und wurde aufgrund ihrer Hilfsbereitschaft als „Engel von Auschwitz“ bezeichnet, später versucht sie mit autobiographischen Kurzgeschichten die traumatischen Erlebnisse der KZ-Haft zu bewältigen. Trotzdem litt sie bis zu ihrem Tod an den Folgen der Gefangenschaft.
Nach der Lesung führt der Künstler CLARK durch seine Ausstellung HUMANITAS OVERRATED.
Die Fortsetzungen der Lesung finden am 13. und am 20. Juni 2013 jeweils um 19.00 Uhr statt.
INKLUSIONSFLAMME
Menschenrechte und Inklusion.
Clarks Werk Inklusionsflamme zeigt vier Mädchen mit geistigen und körperlichen Behinderungen. Alle haben Defizite und benötigen Schutz. Ein aggressives Mädchen hält ein entzündetes Streichholz unter das rote Inklusions-Kreuz und macht ihm damit wortwörtlich Feuer. Buchstabe und Zahl „T4“ am linken Bildrand verweisen auf das Euthanasie-Programm der Nationalsozialisten. Unter der Adresse Tiergarten Nr. 4 in Berlin wurden die späteren Opfer erfasst und das Programm, kurz T4 genannt, organisiert und durchgeführt.
Die Opfer hatten damals keinen Schutz.
Heute fordert der Künstler die Besucher auf, ihren Namen oder eine Widmung in das Bild eintragen und so dokumentieren, dass ihnen der Schutz von Menschen mit Behinderung am Herzen liegt.
Zug. Kinder. Rückweg.
Der Kinderkreuzzug (lat. peregrinatio puerorum) war ein Ereignis, bei dem im Frühsommer des Jahres 1212 Tausende von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus Deutschland und Frankreich unter der Leitung visionärer Knaben zu einem unbewaffneten Kreuzzug ins Heilige Land nach Jerusalem aufbrachen. Eine Chronik aus Köln berichtet, dass bereits vor der Überquerung der Alpen viele der Teilnehmer vor Hunger und Durst gestorben seien.
Die wenigen, denen es gelang, Schiffe nach Palästina zu besteigen, wurden schließlich als Sklaven verkauft. Keiner von ihnen scheint das Heilige Land je erreicht zu haben. In dieser Arbeit zeigt der Künstler ein trauriges und depressives Kind des gescheiterten Kreuzzuges auf seinem Rückweg. Es zieht ein Kreuz hinter sich her, im Hintergrund ist eine Karte von Jerusalem aus damaliger Zeit sowie eine Madonnenfigur zu sehen. Durch die Darstellung des Zuges wird ein Wortspiel erzeugt, welches wiederrum auf den Titel “Kinderkreuzzug” verweist. Die modern Kleidung des Kindes stellt den Bezug zur heutigen Zeit her.