Hero image: Stufen 4, Heike Krüger, woodcut, acryl on plywood 130 x 170 cm
2. Ausstellung im Galerieprojekt Zwischenraum – Niemandsland vom 01. April bis 08. April 2011
Die Galerie Krüger, Koblenz begleitet mit der Ausstellungsreihe Zwischenraum – Niemandsland die Bundesgartenschau 2011 – Koblenz verwandelt. Sieben Künstler zeigen im Ablauf des Jahres Werke, die sich mit dem künstlerischen Thema der BUGA, „Werden und Vergehen“, auf unterschiedliche Art auseinander setzen. In ihren Exponaten und Installationen, die zum großen Teil speziell für das Projekt in der Galerie entstehen, suchen sie die Zwischenräume innerhalb des Zyklus‘ von Werden, Wandlung und Vergehen zu definieren.
Ziel des übergeordneten Konzepts ist es, aus den individuellen Leistungen ein Gesamtbild entstehen zu lassen. Die Gesetzmäßigkeit, nach denen dynamische Prozesse (Wandlungen) im Bereich des Lebendigen ablaufen, wird inszeniert.
Die Werke stehen visuell wie auch inhaltlich im Zusammenhang, bilden eine Vernetzung und führen den Besucher der Galerie in einen Raum, der sich zu einem Zwischenraum wandelt.
„Weißt Du, wie ich dieses Haus sehe?“, fragt mich meine Mutter kurz vor ihrem Tod im Hospitz. „Es ist eine Ellipse, zur Seite geneigt“, sagt sie und hält dabei zur Darstellung ihrer Imagination ihren Trinkbecher leicht schief. „Dieses Haus ist ganz aus Glas, hell, warm und freundlich – so wie ein Orchideenhaus – ganz bunt.“
„Und wo bist Du?“ frage ich sie. „Wie siehst Du Dich?“
„Ich?“ Meine Mutter zeichnet mit ihren mager gewordenen einen Halbkreis in die Luft. „Ich sitze hier oben, außen vor dem Glashaus, auf einem Sonnenfleck!“
Transformation – Paradies
In diesem Werkzyklus setze ich mich mit dem Thema Tod auseinander. Tod bedeutet den endgültigen Verlust der typischen und wesentlichen Lebensfunktionen. Der Übergang vom Leben zum Tod bezeichnen wir als Sterben. Jedem fällt der Umgang mit dem Tod schwer und in keinem Moment berührt uns das Thema Werden und Vergehen tiefer, als im Augenblick des Verlusts eines geliebten Menschen. Der direkte Umgang mit dem Tod ist seltener geworden, da er häufig nicht mehr im Kreise der Familie oder inmitten von Lebensgefährten eintritt, sondern in Kliniken oder Hospizen.
Ursprung der gezeigten Arbeiten sind sehr persönliche Zeichnungen, die in der Sterbephase meiner Mutter entstanden. Während dieser Zeit, die gefüllt war mit Gesprächen und Schweigen, mit Gefühlen und absoluten Leeren, sind die Bilder eine Art Sammlung der Gefühle und das Konzentrat eines Abschieds. Für das Thema „Zwischenraum – Niemandsland“ habe ich diese Skizzen als Vorlage für großformatige Sperrholzreliefs genommen, in denen ich mich mit der Sterbenphase auseinandersetzt.
Transformation
Mein Werkzyklus ist das Resultat einer intuitiven, inneren Impulsen folgenden Dokumentation des menschlichen Vergehens. Die Bilder zeigen das Sterben als eine natürliche Wandlung eines Zustands in den nächsten. Das Eintreten des Todes lässt sich selten exakt einem Zeitpunkt zuordnen. Der Tod ist der Zustand eines Organismus nach der Beendigung des Lebens und nicht zu verwechseln mit dem Sterben und Nahtod-Erfahrungen, die ein Teil des Lebens sind.
Die genaue Grenze zwischen Leben und Tod ist schwer zu definieren. Je weiter man von der Grenzzone zwischen beidem entfernt ist, desto klarer scheint der Unterschied zwischen Leben und Tod, je näher man an der Grenze ist, desto unschärfer wird sie. So können Lebewesen, die bereits einen Herzstillstand haben, manchmal erfolgreich wiederbelebt werden. Ebenfalls können einzelne Zellen und Gewebe während des so genannten intermediären Lebens noch viele Stunden nach eingetretenem Hirntod auf äußere Einflüsse reagieren. Daher fällt es ebenfalls schwer, den Todeszeitpunkt genau zu definieren.
Paradies
In meinen Arbeiten stelle ich das Sterben als eine Wandlung zum Natürlichen, Reinen, Lichten dar, was sich in der zunehmenden Ruhe und dem Frieden meiner Mutter in diesem Prozess widerspiegelt. Kurz vor ihrem Tod sah sie sich in einem Orchideenhaus, überstrahlt von Licht und Farben, sitzend auf einem Sonnenfleck.
Allgemein gilt die Orchidee in der chinesischen Gartenkunst als Symbol für Liebe und Schönheit oder auch für ein junges Mädchen. Die Orchidee gilt als ausnehmend schön und als selten zu finden, daher steht sie für etwas besonders Schönes. Für mich persönlich symbolisieren die Orchideen das Paradies. Paradies ist ein aus dem altiranischen stammendes Wort für ein umgrenztes „eingehegtes Gebiet“ wie einen herrschaftlichen Park, einen Tier-, Lust- oder Zaubergarten. In der griechischen Übersetzung der Bibel wurde er zur Bezeichnung des Garten Eden verwendet.
Viele Symbole zum Garten Eden werden sich in den Sperrholzreliefs von Heike Krüger wieder finden. Die Sehnsucht nach absoluter Entspannung und Harmonie wird uns dieser Garten erfüllen.
Die transzendierten Vorstellungen vom Paradies als Garten und dem Leben darin sind sehr vielfältig und geben einen interessanten Einblick in die Bedürfnisse und Sehnsüchte der jeweiligen Kultur. Seit der Aufklärung wird der Paradiesgarten jedoch immer mehr einer Urlandschaft gleichgesetzt, einer Welt noch vor der Zivilisation. Für den ökologisch bewussten Menschen der heutigen Zeit ist das Paradies meist eine Wildnis, ein Urwald oder Biotop, in dem die durch Kultur und Technik hervorgerufene Entfremdung überwunden wäre.